Magensäure als Nahrungsergänzung?!

Magensäure

Wie das so ist in einer Naturheilpraxis: nicht immer geht es schnell mit den Heilerfolgen. Manchmal fordern sie ihre Zeit. So ging es mir bis vor Kurzem mit einer jungen Dame, die ich seit knapp zwei Jahren betreue. Sie waren ursprünglich mit der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn zu mir. Diese hatten wir nach knapp acht Monaten im Griff. Eine Darmspiegelung zeigte: die Entzündung war abgeheilt.

Allerdings war die Gesundheit der jungen Frau dann noch lange nicht im grünen Bereich. Offensichtlich hatte sie außer der Darmentzündung ein chronisches Erschöpfungssyndrom entwickelt. Auch war der Darm trotz der abgeklungenen Entzündung noch nicht vollkommen in Ordnung. Es kann immer wieder zu sauren Durchfällen, die sich paradoxerweise verstärken, wenn die junge Dame Eiweiß zu sich nahm. Immer wieder litt sie an unklaren Fieberschüben, geschwollenen Lymphknoten und starker Erschöpfung. Ich behandelte die chronische Erschöpfung und das Immunsystem. Eine gewisse Besserung stellte sich ein, der durchschlagende Erfolg blieb allerdings aus. Das änderte sich, als ich im dritten therapeutischen Abschnitt Magensäure als Nahrungsergänzung gab: genauer gesagt, Betainhydrochlorid. Von diesem Moment an ging es steil bergauf...

Magensäure als Nahrungsergänzung…?!

„Aber die meisten Menschen haben noch eher ein Problem mit zu viel Magensäure?“ sagen Sie. Das ist so nicht ganz korrekt. Denn: die typischen Probleme mit dem Magen können auch dann auftreten, wenn die Magensäure im normalen Bereich ist oder sogar zu wenig Magensäure vorliegt. Ja, Sie können sogar Sodbrennen mit zu wenig Magensäure bekommen!

Das hat folgende Gründe:

  • Das Essen bleibt länger im Magen. Dadurch kommt es zur Gasbildung, was den Druck im Inneren des Magens steigert. Der Mageneingang öffnet sich, Säure kann in die Speiseröhre hoch steigen. Selbst, wenn es nur wenig ist.
  • Sie sind langfristigem Stress ausgesetzt. Dadurch kommt es zu einer erhöhten Ausschüttung von Cortisol. Dieses Cortisol sorgt dafür, dass die Schleimhaut langfristig weniger resistent gegen Magensäure ist.
  • Sie mussten - womöglich über einen längeren Zeitraum - Schmerzmittel einnehmen. Auch dann ist die Magenschleimhaut deutlich weniger geschützt gegen die aggressive Magensäure. Es reichen bereits normale oder sogar geringe Mengen davon aus, Sodbrennen zu provozieren.

Natürlich sind diese Dinge noch kein Grund dafür, Magensäure als Nahrungsergänzung zu geben. Aber langfristiger Stress kann als Grund schon ausreichend sein. Denn durch Stress ist die Verdauung von Eiweiß eingeschränkt. Eiweiß ist für den Körper aber enorm wichtig. Nicht nur das Eiweiß an sich, dass dem Organismus hilft, körpereigene Strukturen aufzubauen und zu erhalten. Sondern auch die Stoffe, die zusätzlich in eiweißreichen Nahrungsmitteln vorhanden sind. Das sind Aminosäuren, B-Vitamine, Fettsäuren, Spurenelemente wie Zink, Eisen, Kupfer und Selen und einige andere. Sie dienen zum Aufbau und zur Synthese von Hormonen, die ihrerseits wieder das Immunsystem beeinflussen.

Ich wage mit meiner heutigen Erkenntnis zu behaupten, dass man sich kaum von einer chronisch-entzündlichen Krankheit, einem chronischen Erschöpfungssyndrom oder einer sonstigen Form der langfristigen körperlichen und geistigen Erschöpfung erholen kann, wenn der Körper Eiweiß nicht regelrecht verdaut. Von daher ist Magensäure als Nahrungsergänzung keine schlechte Idee.

Zu viel oder zu wenig Magensäure? Wie finden Sie es heraus?

Bevor Sie Magensäure oder Betainhydrochlorid als Nahrungsergänzung zu sich nehmen, empfehle ich Ihnen den folgenden Test:

Nehmen Sie morgens nüchtern ein Glas kühles Wasser zu sich, in das Sie vorher einen Viertel Teelöffel Natron gegeben haben. Führen Sie diesen Test drei Tage hintereinander durch. Wenn Sie 5 Minuten nach dem Trinken nicht aufstoßen müssen (und das an mindestens zwei Tagen), dann haben Sie mit großer Wahrscheinlichkeit zu wenig Magensäure. Diesen Test nennt man den Magensäure-Test nach Dr. Jockers.

Und wie gesagt: bitte nicht wundern, wenn Sie trotz zu wenig Magensäure an Sodbrennen leiden sollten.

Zu welchen Folgen kann zu wenig Magensäure führen?

Da die Gesundheit des Magen-Darm-Kanals sich auf viele verschiedene Bereiche im Stoffwechsel auswirken kann, kann allein das Fehlen von Magensäure langfristig sehr viele unterschiedliche Probleme nach sich ziehen. Beginnen tut alles mit einer veränderten Peristaltik, möglicherweise Gärung und einem Leaky-Gut-Syndrom im Dünndarm. Dadurch werden viele Nährstoffe nicht mehr richtig resorbiert, es kommt zu verschiedenen Erscheinungen im Körper. Hier einige der wichtigsten:

  • Veränderungen beim Stuhlgang
  • Probleme mit Histamin
  • vermutlich: Probleme mit Allergien (abgesichert ist dies noch nicht)
  • Probleme mit den darmassoziierten lymphatischen System (Schwellungen, Bauchschmerz)
  • Veränderung der Darmflora
  • Veränderung des Hormonhaushalts, mit folgenden möglichen Symptomen:
    - Burnout-Syndrom
    - chronische Erschöpfung („Adrenal fatigue“)
    - Probleme mit den weiblichen Zyklus
    - Probleme mit Sexualhormonen: Impotenz, Libidoverlust
    - Probleme mit dem Eiweiß-und Fettstoffwechsel: Verlust von Muskelmasse, Blutarmut, Gewichtsverlust oder - - - - Gewichtszunahme, Stagnation bei der sportlichen Leistungsfähigkeit, Anämie, Störung im Eisenhaushalt
    - Chronische Unruhe, schlechte Schlaftiefe, schlechte Konzentrationsfähigkeit, restless Legs
  • Heißhungerattacken
  • Bedarf an Stimulanzien wie Koffein, Zucker oder Alkohol
  • Veränderungen im Gefäßhaushalt: beispielsweise durch Homocystein
  • langfristig: degenerative und entzündliche chronische Krankheiten

Ein Fehlen von Magensäure beeinträchtigt den Verdauungsvorgang an sich und kann tief greifende Probleme im Energiestoffwechsel und im hormonell-vegetativen Gefüge nach sich ziehen. Viele gesundheitsbewusste Menschen entgiften, nehmen Vitamine, Spurenelemente oder andere Nahrungsergänzungen ein oder versuchen ihrem Darm mit Darmflorapräparaten auf die Sprünge zu helfen.

Es ist natürlich keine feste Regel. Dennoch habe ich in meiner Praxis immer wieder beobachtet, dass eine Nahrungsergänzung mit Magensäure / Betainhydrochlorid oder die Anregung der Magensäure häufig mehr bringt als all diese Maßnahmen.

Betainhydrochlorid einnehmen: wie nimmt man Magensäure zu sich?

Als Ideal haben sich Kapseln mit einer Menge von 400 mg bis 600 mg erwiesen. Man nennt unmittelbar vor oder während einer Mahlzeit eine Kapsel ein. Die Wirkung entfaltet sich dann zusammen mit den Nahrungsmitteln im Magen. Menschen, die nur leichte Probleme mit einem Mangel an Magensäure haben, nehmen das Betainhydrochlorid (abgekürzt: Betain-HCl) nur zu Mahlzeiten ein, die auch tierisches Eiweiß enthalten. Zu leichten Mahlzeiten oder auch Zwischenmahlzeiten wird das Präparat dann nicht benötigt.

Die Erfahrung zeigt: wenn man den Prozess ausreichend lange ankurbelt (in aller Regel zwischen zwei und drei Monaten), kommt die Magensäureproduktion durch die verbesserte Aufnahme von Nährstoffen in aller Regel von selbst wieder in Gang. Anders sieht es aus in der Rekonvaleszenz nach einer sehr langen entzündlichen Erkrankung oder einer chronischen Darmerkrankung: hier können bis zu sechs Monate notwendig sein, um den Prozess ausreichend wieder in Gang zu bringen.

Mein Fazit

Eine einfache Ergänzung mit Magensäure kann im Falle eines erhöhten Bedarfs tatsächlich viele verschiedene Therapien ersetzen. Dadurch, dass die Verdauung wesentlich besser abläuft, werden viele Prozesse im Organismus günstig beeinflusst. Übrigens auch - das ist bemerkenswert - der viel zitierte „Säure-Base-Haushalt“! Bevor Sie eine Nahrungsergänzung mit Magensäure erwägen, machen Sie den Magensäure-Test nach Dr. Jockers!

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