Fitness: sollten Sie jeden Tag 10.000 Schritte gehen?

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Bei uns ist das Ganze ja nicht so angekommen. Aber in vielen englischsprachigen Ländern gab es vor einigen Jahren einen regelrechten Boom um die Idee, mit 10.000 Schritten pro Tag gesund und in Form zu bleiben. Geboren wurde die Idee interessanterweise wieder in England noch in den USA, sondern bereits vor gut 50 Jahren in Japan. Genauer gesagt gab es dort eine Kampagne, die kurz nachdem Olympischen Sommerspielen 1964 einsetzte: die Japaner nannten es „Man-Po Kei“, was schlicht und ergreifend bedeutet: 10.000 Schritte laufen.

Vor etwa 3-4 Jahren erreichte die Bewegung - und das ist im wahrsten Wortsinne zu verstehen - im englischsprachigen Raum ihren Höhepunkt. Es war auch die Zeit, in der Millionen von so genannten Fitness trackern (ein modernes Wort für Schrittzähler) verkauft wurden. Mittlerweile ist dieser Trend wieder ein wenig abgeflaut, hat aber immer noch viele Freunde.

 

10.000 Schritte am Tag hat einen bekannten Fan: Dr. Mercola

Dr. Mercola war und ist in den USA in etwa das, was der Heilpraktiker Herr Köhnlechner Anfang der Achtzigerjahre in Deutschland war. Und: in einem Blogartikel von 2015 hat er sich als großer Fan der „10.000-Schritt-Methode“ geäußert. Seine Aussage: 10.000 Schritte am Tag, entsprechend etwa fünf amerikanischen Meilen oder 8 km, würden eine fundamentale Herz-Kreislauf-Fitness vermitteln. Ergänzt werden soll die Methode aber durch „hochintensives Intervalltraining“.

Hoch intensives Intervalltraining, abgekürzt HIIT, ist ein Training, wo man in kurzen Zeitabständen für etwa 20-30 Sekunden „alles gibt“, und dann wieder 1 Minute oder zwei bei moderatem Tempo zu entspannen. Für den Organismus ist dies sozusagen das Gegenteil der 10.000-Schritt-Methode.

10.000 Schritte am Tag liefen unsere Vorfahren - mit Sicherheit!

Es ist kein Geheimnis: die meisten von uns bewegen sich viel zu wenig. Und sitzen zu viel. Ich nehme mich da ausdrücklich nicht aus. Ich habe etwa 1 Stunde Zeit pro Tag, mich körperlichen Training zu widmen. In dieser 1 Stunde laufe ich keine 10.000 Schritte, sondern trainieren intensiver, dafür aber kürzer.

Bevor unsere Vorfahren sesshaft wurden, waren 10.000 Schritte pro Tag sicherlich eher das Minimum. Sehr viel wahrscheinlicher ist es, dass Jäger-und Sammlergesellschaften 20.000, 30.000 oder sogar mehr Schritte pro Tag gelaufen sind. Daher ist es nur natürlich, anzunehmen, dass 10.000 Schritte pro Tag so etwas wie eine „gesunde Basis“ darstellen.

Allerdings: wer läuft diese Strecke - zumal an der frischen Luft - und das auch noch jeden Tag, sieben Tage die Woche und 365 Tage im Jahr? Selbst wenn die Zeit durchaus vorhanden wäre: verschiedene andere Gründe machen uns Zivilisationmenschen häufig einen Strich durch die Rechnung: sicherlich ist es nicht sonderlich sinnvoll, 10.000 Schritte pro Tag in einer Innenstadt zu laufen. Wenn wir mal Zeit haben, was sollte das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Ich kann jeden von Herzen verstehen, der keine Lust hat bei strömenden Regen oder nasskalten Wetter 10.000 Schritte zu laufen. Außer in Begleitung eines verspielten Hundes und eines Frisbees vielleicht…

Darüber hinaus sind oft Allergien, verschiedene Schmerzzustände und andere gesundheitliche Befindlichkeiten, die diesen Ziel im Wege stehen, zu bedenken.

10.000 Schritte pro Tag - gibt es eine Alternative?

So oder so: es ist nicht für jeden möglich 90 Minuten oder 2 Stunden pro Tag zu laufen, um die angestrebten 10.000 Schritte zu erreichen. Ein Professor Copeland von der Universität Sheffield hat deswegen Personen einer untrainierten Gruppe miteinander verglichen: ein Teil der Gruppe sollte die 10.000 Schritte pro Tag laufen, der andere Teil sollte dreimal 10 Minuten täglich laufen - und zwar so, dass sie noch reden, aber nicht mehr singen konnte. Sprich: die dreimal 10 Minuten-Gruppe sollte bei ihrer Aktivität leicht außer Atem sein.

Die dreimal 10-Minuten-Gruppe hatte es naturgemäß wesentlich leichter, durchzuhalten bzw. ihr Ziel zu erreichen. Zwei Drittel aller Personen aus der 10.000-Schritte-Gruppe pro Tag erreicht ihr Ziel, hatte aber zu kämpfen.

Was das Wachstum in Fitness anging, war letzten Endes die dreimal 10-Gruppe am erfolgreichsten. Denn entscheidend war nach Professor Copeland nicht die Zeit der Bewegung an sich, sondern die Zeit, in der die betroffenen Personen leicht außer Atem gerieten.

Die längere Aktivität ist also weniger entscheidend als die Belastung. Anders ausgedrückt: eine Belastung muss vorhanden sein.

In die gleiche Richtung laufen auch Vergleiche zwischen den bereits erwähnten hochintensives Intervalltraining und dem normalen Ausdauertraining. Seriöse Studien belegen, dass beide vergleichbare Fortschritte in Bezug auf Fitness und Kondition bringen, das aber für das hoch intensive Intervalltraining wesentlich weniger Zeitaufwand notwendig ist.

Dennoch wollen wir nicht nur etwas für die Fitness, sondern die Gesundheit im Allgemeinen tun. Fitness ist nur ein Faktor, der sich auf das Wohlbefinden auswirkt. Und was das angeht, kann es durchaus sehr positiv sein, einfach einmal entspannt zu laufen. Nur sollten es nicht unbedingt 10.000 Schritte pro Tag sein. Denn der Faktor Entspannung geht flöten, wenn Sie auf ihren Fitness Tracker oder Schrittzähler starren und „verzweifelt“ versuchen, jeden Tag 10.000 Schritte zu laufen!

Mein Fazit

10.000 Schritte pro Tag sind an sich keine schlechte Idee. Dennoch gibt es, was die reine Fitness angeht, bessere und effizientere Möglichkeiten, sich zu trainieren. Beim Faktor allgemeine Gesundheit zählt nicht nur die Effizienz, sondern auch der Genuss. Und da „bewegt“ ein gemütlicher 2-Stunden-Spaziergang oder eine längere Fahrradtour bei schönem Wetter mehr als ein angestrengtes Starren auf den Schrittzähler mit dem Ziel, 10.000 Schritte zu erreichen! – im wahrsten Sinne des Wortes!

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