Früh aufstehen – gesund oder ungesund?

Früh aufstehen

Früh aufstehen: „um 4:30h morgens raus – krempeln Sie Ihr Leben um!“

Wer kennt sie nicht, die Motivationsgurus? Auf YouTube und anderswo fordern sie fröhlich dazu auf, den Tag möglichst zeitig zu beginnen: früh aufstehen soll nämlich die Produktivität steigern, die Fitness verbessern und alle möglichen Höhenflüge im Menschen bewirken: ideal für Selbständige und Freischaffende.

Das Flair von Aktivität, Energie und strahlender Gesundheit strahlt der aus, der sich schon um 4:30h in der Früh oder maximal um 5:00h aus den Federn schält – ein besseres Einkommen inklusive.

Die Frage ist: stimmt der Mythos vom fitten, erfolgreichen und „allzeit bereiten“ Frühaufsteher?

Früh aufstehen: fünf Gründe, die dafür sprechen:

1
Mit dem natürlichen hormonellen Tagesrhythmus gehen!

Wenn die Nacht ausklingt, baut der Körper das Schlafhormon „Melatonin“ ab. Im Gegenzug erhöht sich der natürliche Cortisolspiegel. Wenn Sie früh aufstehen, können Sie in Ihrer produktivsten Tagesphase voll durchstarten: diese liegt nämlich zwischen 6:30h und 10:00h morgens. Wenn Sie in dieser Zeit ernsthaft arbeiten, schaffen Sie Ihr Tagespensum in deutlich weniger Zeit: das bedeutet weniger Stress.

2
Die Kühle und der Sport

Im Winter ist es nicht so angenehm, härtet aber ab. Im Sommer werden für den Frühsport angenehme Temperaturen erreicht. Die Motivation, den Tag mit Körperübungen zu beginnen, steigt – vor allen Dingen nicht nur wegen der Kühle, sondern auch, weil Sie mehr Zeit haben.

3
Deutlich entspanntere Morgenroutine

Wer kennt das nicht: aufstehen, Frühstück, Bad und den Weg zur Arbeit in weniger als 1 Stunde? Ist stressig, und zu viel davon verkürzt das Leben! Wer um 5h aufsteht, hat 90 Minuten bis 2 h mehr Zeit für den Start in den Tag, und damit ein vernünftiges Frühstück und das Pendeln an den Arbeitsplatz (falls nötig) in einem entspannten Zeitfenster.

4
Etwas in den Tagesablauf als Routine einbauen, wozu man normalerweise nicht kommt

 

5
Langfristige Ziele planen

Wo wir gerade beim Thema „Ruhe“ sind: wenn der Kopf noch frisch ist und überall ist es ruhig, kann man langfristig planen – und mittelfristige Ziele auf ihre Erreichbarkeit kontrollieren. Bin ich auf einem guten Weg? Haut es doch nicht hin?

Wenn man all diese fünf Faktoren zusammen fasst, läuft es auf eines hinaus: Reduktion von Stress bei gleicher (oder noch besserer) Leistungsfähigkeit! Das dies einer der Eckpfeiler für gute Gesundheit bis ins hohe Alter darstellt, können Sie sich sicherlich denken.

Früh aufstehen: aber was ist, wenn der Biorhythmus so gar nicht mitspielt?

Vor ein paar Jahren gab es eine Studie, die sich auf bestimmte Eigenheiten unserer Jugend bezog: und zwar auf den Biorhythmus. Diese Studie hat frank und frei herausgestellt, dass die werdenden Männer und Frauen zwischen 13 und 21 überwiegend eine besondere Eigenschaft hatten: ihre Melatoninproduktion „verschiebt“ sich irgendwie mit der Pubertät: die Produktion des Schlafhormons setzte später ein und ebenso die des „Gegenmittels“ Cortisol. Die Folge: die Jugendlichen können lange wach sein und bleiben, kommen aber morgens nicht in die Gänge. Diese Auffälligkeit der Verschiebung im Tag-Nacht-Rhythmus fand sich nicht bei allen, aber bei einer Mehrheit der jungen Leute.

Wissenschaftler sprechen hier auch von einer Verschiebung des zirkadianen Rhythmus. „Zirkadian“ ist ein Fachbegriff für Tagesablauf oder Tagesrhythmus.

Dieser Rhythmus ist nicht nur bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen irgendwie verschoben, er ist auch bei manchen Menschen grundsätzlich anders. Das Gerücht ist wahr: es gibt „Nachteulen“ und „Frühaufsteher“!

Vor einigen Jahren gab es diesbezüglich einen Artikel in der FR. Der Tenor: „Nachteulen“ bleiben immer Nachteulen, Frühaufsteher immer Frühaufsteher. Diese festgefahrenen Typen können mit etwas Training schwach verlagert werden. Aber wer als Nachteule früh aufstehen will, vergewaltigt sich mehr oder weniger selbst – und bürdet sich noch mehr Stress auf.

Früh aufstehen: wenn die Schlafrhythmen nicht gut genutzt werden

So genannte „Nachteulen“ haben ebenfalls einen nach hinten verschobenen Schlafrhythmus. Sie wissen vielleicht, dass der Schlaf in Zyklen verläuft: tiefe Schlafphasen und so genannte REM-Phasen wechseln einander ab. Der Punkt ist: ist der Schlaftyp erst einmal festgelegt, lassen sich diese Phasen kaum verschieben.

Ich habe das bei mir selbst schon vor etlichen Jahren festgestellt: wenn ich einmal bis spät in die Nacht hinein wach bin, bin ich am Morgen nicht ich selbst. Mir „fehlt“ dann eine Tiefschlafphase und morgens bin ich durch die frühe Cortisol-Anflutung nicht fähig, tief zu schlafen. Auch wenn ich dann acht Stunden geschlafen haben sollte, ich bin den ganzen Tag müde.

Umgekehrt geht es Nachteulen irgendwie ähnlich. Selbst wenn sie um 10:00h abends in die Kissen steigen – der wirklich erholsame Schlaf stellt sich erst spät ein, und mit frühem Aufstehen „fehlen“ auch hier eine oder zwei Tiefschlafphasen, die auch nicht „nachgeholt“ werden können.

Früh aufstehen: nicht jeder ist dazu prädestiniert!

Egal was Motivations-Gurus sagen: wenn es nicht in den natürlichen Biorhythmus oder zirkadianen Rhythmus passt, macht früh aufstehen Sie weder motivierter, noch reicher, und erst recht nicht gesünder. Eher gestresster!

Mein Fazit

Dass jeder gesund, reich und glücklich durch sehr frühes Aufstehen wird, ist und bleibt ein Mythos. Wesentlich mehr als die Gewohnheit, die in diesem Punkt nur begrenzt trainierbar ist, entscheidet der natürliche zirkadiane Rhythmus über Gut und Böse oder besser gesagt über Früh oder Spät. Jahrelanges konsequentes Training gegen den natürlichen Rhythmus mag einen Unterschied machen, dem natürlichen Frühaufsteher-Typ entsprechen Nachteulen dann jedoch immer noch nicht!

 

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