Kalorien zählen – der Weg zur Traumfigur?
Im Grunde genommen ist doch alles ganz einfach: man muss mehr Kalorien verbrennen als man zu sich nimmt – dann verliert man Gewicht. Das bedeutet: Kalorien zählen! Nicht nur die, die man zu sich nimmt, sondern auch die, die man verbrennt!
Ist es wirklich so simpel?
Kalorien zählen: was nehmen wir täglich zu uns – und was werden wir los?
Kalorientabellen – die wir im Zeitalter der Digitalisierung bequem als App herunter laden können – sagen uns, was wir täglich zu uns nehmen. Ich habe die Kalorien mal zusammen gezählt für das, was ich heute morgen gefrühstückt habe:
250g Apfel = ca. 130 kcal.
200 g Vollkornbrötchen = 440 kcal.
20 g Butter = ca. 150 kcal.
70 g Lachs = ca. 100 kcal.
Also enthielt mein Frühstück von heute Morgen insgesamt 820 kcal.
Rechne ich das für mein Mittag- und Abendessen ebenfalls aus, so komme ich insgesamt auf knapp 3000 kcal pro Tag. Viel? Nun, da haben Sie die Rechnung nicht ohne mein Gewicht und meinen Leistungsumsatz gemacht. Denn auf den kommt es an!
Viele Menschen rechnen mit dem so genannten Grundumsatz. Das ist das, was wir in Ruhe und unter optimalen Bedingungen an Kilokalorien täglich verbrennen:
- Liegend
- Völlig entspannt
- Keine geistige Tätigkeit
- Umgebungstemperatur 28-31°C
Bereits, wenn wir nur sitzen, verbrauchen wir schon 200 kcal mehr pro Tag. Desgleichen zusätzlich noch einmal bei einer geistigen Tätigkeit – denn auch das Gehirn verbrennt Kalorien! Nämlich pro Tag rund 120. Nun habe ich der für mein Alter, Körpergröße und Körpergewicht zu erwartenden Grundumsatz (individuelle Stoffwechselfaktoren herausgenommen) einmal ausgerechnet und bin dabei auf 2450 kcal pro Tag gekommen.
Kalorien zählen: wie berechnet sich der Leistungsumsatz?
Der Leistungsumsatz ist die Summe von vier Faktoren: Grundumsatz + Energieverlust durch Arbeit (Bewegung, geistige Arbeit) + Energieverlust durch Verdauung und Stoffwechsel + Wärmeverlust durch niedrige Umgebungstemperaturen.
Lasse ich diese Faktoren mit in die Gleichung einfließen, komme ich auf einen täglichen Gesamtenergieverbrauch von ca. 3.000-3.200 kcal. Wenn ich also knapp 3.000 kcal täglich zu mir nehme, müsste ich zumindest theoretisch mein Gewicht halten oder tendenziell eher abnehmen. Da ich in den letzten drei Jahren eher zugelegt habe, ergibt sich eine unbekannte Größe (oder mehrere), die sich irgendwie auf meinen Leistungsumsatz auswirken müssen.
Kalorien zählen: das Problem mit dem Leistungsumsatz aus der Tabelle
Wer eine Tabelle heranzieht, um seinen Leistungsumsatz zu berechnen, kann seinen Kalorienbedarf annähern, d.h. grob schätzen – nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Es fließen noch einige weitere Komponenten mit in den täglichen Leistungsumsatz bzw. Kalorienbedarf ein:
- Die Tätigkeit der Hormondrüsen Hypothalamus, Hirnanhangdrüse und Schilddrüse
- Der innere Stoffwechsel: Langsamverbrenner, Schnellverbrenner?
- Die Darmflora: „guter“ oder „schlechter“ Futterverwerter?
- Der Anteil und die Verteilung von „weißem“ (inaktivem) und „braunem“ (aktivem) Fett
- Der Anteil der Muskelmasse
- Das Geschlecht
- Sympathikus und Parasympathikus (vegetatives Nervensystem)
Des Rätsels Lösung in meinem Fall: da ich in den letzten drei Jahren öfter mal überarbeitet und deswegen auch immer wieder erschöpft war, war der „Parasympathikus“ aktiver – gesteuert von und mit Rückkopplung auf entsprechende Hormondrüsen wie den erwähnten Hypothalamus. Dadurch ist der Stoffwechselgrundumsatz gesunken, ebenso natürlich der Leistungsumsatz: der erschöpfte Organismus bildet mehr „Reserven“!
Kalorien zählen: ist sie als einzige Methode zur Gewichtskontrolle geeignet?
Man kann die Kalorien von dem, was man zuführt, ziemlich genau ausrechnen. Aber kann man wirklich ganz genau seinen Bedarf ausrechnen und auf dieser Basis, ob man zu- oder abnimmt? Ich denke nein!
Das Kalorien zählen ist eine grobe Stütze und kann durchaus auch bei einem Gewichtsverlust unterstützen. Aber die Kalorien alleine sagen immer noch wenig über die gesamte Qualität der Nahrung aus – abgesehen davon, wie viele Stoffwechselfaktoren unseren tatsächlichen Kalorienbedarf steuern!
Im Folgenden einige weitere Punkte, die es unbedingt zu beachten gilt, wenn man sein Gewicht systematisch halten, reduzieren oder auch steigern will:
Wichtiger als die Kalorienzahl alleine sind folgende Werte: das Verhältnis von Vitalstoffen zu Kalorien – da ist es logisch, dass frischer Brokkoli besser abschneidet als Weißbrot – sowie das Volumen im Verhältnis zu den Kalorien: da fließen Zusammensetzung, Wassergehalt und Ballaststoffe mit ein. Die im Übrigen auch bestimmen, ob ein Nahrungsmittel auch mit relativ geringer Gesamt-Kalorienzahl satt macht. Die meisten modernen Diäten und intelligenten Ernährungssysteme bedienen sich dieser Komponenten und empfehlen das, was man so schön eine vollwertige Ernährung nennt.
In bestimmten Ernährungskonzepten wie z.B. Metabolic Typing spielt nicht so sehr die Kalorienzahl (im Verhältnis zum Verbrauch) eine Rolle, sondern die relativen Anteile der Makronährstoffe zueinander: Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate. Manche Menschen benötigen mehr Eiweiß und Fett im Verhältnis zu den Kohlenhydraten. Bei anderen ist es umgedreht.
Aus dem Nähkästchen meiner Erfahrungen in der Ernährungsberatung: in den letzten Jahren sind kohlenhydratarme Diäten zunehmend in Mode gekommen. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Menschen mit einer systemischen, organischen Erschöpfung (von Burnout über chronisches Erschöpfungssyndrom, Fibromyalgie bis hin zur Depression) immer weiter zu. Bei all diesen Erkrankungen ist, wie oben schon beschrieben, der Parasympathikus über den Sympathikus dominant. Dies braucht zum Ausgleich mehr Eiweiß und Fett, aber dafür weniger Kohlenhydrate.
Gewichtsmanagement funktioniert nur ideal, wenn die Nährstoffanteile und damit die verschiedenen Stoffwechselsysteme des Menschen im Gleichgewicht sind. Sicher wird eine Person, die weniger Kalorien nimmt als ihr Bedarf vorgibt, Gewicht verlieren. Aber das eigentlich Entscheidende ist, gesund Gewicht zu verlieren: Muskelmasse (und damit Stoffwechselaktivität) zu erhalten und Fett abzubauen!
Das dritte entscheidende Kriterium für die Gewichtsregulation ist der Umgang mit Nahrungsmittel, die den Blutzucker stärker schwanken lassen. Denn wenn man hier einmal in die „Zuckerfalle“ gerasselt ist, hilft Kalorienzählen auch nichts. Es sei denn, man legt Wert auf ein permanentes Schlechtfühlen! Teilweise überschneidet sich dieses Kriterium mit Punkt 1 auf der Liste: je „vollwertiger“ die Ernährung, desto leichter ist es, Unterzuckerung und Heißhungerattacken zu vermeiden. Es sei denn natürlich, es liegen von vornherein bestimmte Darm- bzw. Stoffwechselstörungen vor.
Kalorien zählen ist leider nur die halbe Miete. Nun achtet der, der mithilfe von Apps seine Kalorien zählt, auch mehr auf vollwertige Ernährung. Aber für eine wirklich gesunde Gewichtsregulation spielen auch die Relativanteile der Makronährstoffe Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate sowie die Regulation des Blutzuckerspiegels eine Rolle. Erst wenn alle Faktoren zusammen kommen, macht Kalorien zählen auch Sinn und man muss auch keine Angst vor dem „Jojo-Effekt“ haben!
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