Macht Sport intelligenter?

Macht Sport intelligenter?

Sport und Intelligenz: untrennbar verbunden oder sich ausschließende Gegensätze?

Sport: er fördert die Ausdauer, die Beweglichkeit, die Kraft und Koordination. Wir brauchen Sport, um überhaupt motorische Geschicklichkeit zu entwickeln. Wir benötigen Sport, um unseren Körper gesund und schmerzfrei zu erhalten. Sport ist nach wie vor die erste Wahl, wenn es um die Erlangung und Erhaltung des idealen Körpergewichts geht. Sport ist ein Ausgleich für diejenigen, die geistig arbeiten aber sich während ihrer Arbeit kaum bewegen.

All diese Dinge stehen zweifelsfrei fest. Aber noch nicht abgeklärt ist: macht Sport intelligenter?

Sport und Intelligenz: „intelligente Menschen hassen Sport!“

Im Januar 2015 wurde im Wissenschaftsjournal „Journal of Health Psychology“ eine aufschlussreiche Studie veröffentlicht: in ihr wurden intelligente und weniger intelligente Menschen zusammengebracht und auf ihre Gewohnheiten bezüglich Sport und Bewegung untersucht. Das Ergebnis war ziemlich eindeutig: intelligente Menschen haben weniger Motivation, sich zu bewegen und Sport zu treiben. Der Grund? Intelligente Menschen sind geistig aktiv und langweilen sich weniger. Sie sind daher von vornherein weniger motiviert, sich mit Sport von ihrer Langeweile abzulenken.

Trotz aller Intelligenz ist dieses Verhalten vor allen Dingen langfristig sehr ungesund. Darüber hinaus gesehen sagt diese Studie nichts darüber aus, wie sehr sportliche Aktivität die Intelligenz bzw. weitere mentale Eigenschaften individuell beeinflussen kann.

Förderung der „Neuroplastizität“ durch Sport

Der Begriff „Neuroplastizität“ ist seit ungefähr zehn Jahren unter Gehirnswissenschaftlern ein Gesprächsthema. Grob gesagt bedeutet er, dass das Gehirn „formbar“ ist. Wenn man sich immer wieder mit etwas beschäftigt, entwickelt man Kompetenzen und Qualitäten, die man vorher nicht hatte. Anders formuliert: Begabungen lassen sich entwickeln.

Auf diese Art und Weise habe ich zum Beispiel durch das ständige Beschäftigung mit Schreiben auch als Hobby die Bandbreite meiner Schreibstile weiter entwickelt. Kurz zusammengefasst: vor zehn Jahren konnte ich nur wissenschaftlich. Mittlerweile beherrsche ich auch „unterhaltsam“.

Jetzt werden Sie sich sicherlich fragen, was das ganze mit Sport zu tun hat.

Bestimmte Sportarten bauen auf sehr komplexe Bewegungsmuster. Dies betrifft vor allen Dingen alles, was aus dem Kulturkreis des fernen Ostens zu uns gekommen ist: von Yoga über Qi Gong bis hin zu Kung Fu. Wing Chun (dass ich selbst zehn Jahre lang intensiv praktiziert habe) ist eine Form der Selbstverteidigung, die auf komplexen wissenschaftlichen Theorien von körperlicher Statik und Dynamik beruhen. Sie lehren eine durchschnittlich sportliche Person, Angriff und Verteidigung mit zwei Armen gleichzeitig oder sogar mit zwei Armen und einem Bein gleichzeitig zu koordinieren. So kann man sich, auch wenn man kein Boxer ist, mittels Selbstverteidigung im Zweifelsfall aus einer „brenzlichen“ Situation retten.

Über das Lernen solcher Bewegungsmuster werden nicht nur Reflexe, sondern letzten Endes auch das Gehirn koordiniert. Ähnliches auf einer anderen Ebene vollbringen auch Sportarten Hindernislauf, Orientierungslauf, Ballsportarten, Tennis oder Golf.

Durch das Erlernen und schließlich beherrschen der komplexen Bewegungsabläufe entwickelt der Übende eine Art von „Körperintelligenz“.

Über den entscheidenden Entspannungsfaktor

Neben diesen Eigenschaften gibt es aber auch einen kurzfristigen positiven Effekt von Sport auf die Aktivität des menschlichen Gehirns. Unabhängig von der Einstellung intelligenter und nicht ganz so intelligenter Menschen zum Thema Sport werden Sie effizienter, entspannter und in gewisser Weise dadurch auch intelligenter durch regelmäßiges Sport treiben. Dies betrifft ein wichtiges Hormon in unserem Körper: Kortisol.

Bei den meisten modernen Menschen ist nämlich der Kortisol-Spiegel gegenüber der Norm deutlich erhöht. Kortisol hat allerdings als Hormon einige unangenehme Eigenschaften, die sich empfindlich auf die geistige Leistungsfähigkeit legen:

  • Es löst innere Unruhe aus
  • Es verschlechtert die Schlafqualität
  • Es macht gereizt und nervös und damit
  • Erschwert es das Denken und die Konzentration

Wer richtig trainiert - mit wechselhafter Intensität und vor allen Dingen nicht zu lang - der senkt den Spiegel dieses Hormons im Körper. Der sofort nachvollziehbare Effekt ist Entspannung. Wer es nicht übertreibt, der kann sich aus diesem Zustand der Entspannung heraus besser konzentrieren. Da sich auf diese Weise auch langfristig ein Kortisol-Überschuss im Organismus abbauen kann, profitiert man nicht nur von der Zeitspanne unmittelbar nach dem Sport.

Ich empfehle daher sportliche Aktivität meinen Burn-Out-Patienten, wenn nicht eine körperliche bzw. organische Form der Erschöpfung wie beim chronischen Erschöpfungssyndrom vorhanden ist.

Ein (gar nicht so) „dummer“ Leistungssport!

Sport sollte gesund sein. Leistungssport allerdings ist es nur selten und in dieser Form sogar gar nicht. Allerdings irren viele Menschen, die davon ausgehen, dass die folgende Sportart nur etwas für „dumme Personen“ ist:

Die Rede ist von Bodybuilding.

Eventuell schmunzeln Sie über meine Zeilen. Fakt ist jedoch: auf Leistungssportniveau gibt es kaum eine andere Sportart, die so viel Logistik, Vorausplanung und Ahnung über Ernährung und Training erfordert. Die Athleten müssen wissen, wie sie vor der Wettkampfsaison ihren Körperfettanteil auf ein absolutes Minimum reduzieren. Und sie müssen wissen, wie sie mit möglichst geringem körperlichen Schäden durch diese harte Zeit kommen. Wettkampfathleten im Bodybuilding erreichen einen Körperfettanteil von 3-4 %. Zum Vergleich: junge, sportliche Personen haben meist zwischen 12% und 16 % Körperfettanteil. Das sind extreme Belastungen des Stoffwechsels.

Gleichzeitig müssen diese Athleten ein Niveau an Muskelmasse haben und über Wochen hinweg erhalten, das schwerste Trainingseinheiten erfordert. Um überhaupt in diesem Bereich trainieren und auftreten zu können, ist ein gewaltiges Wissen über Ernährung, Nahrungsergänzung und Timing notwendig. Wann nehme ich was? Wann Kohlenhydrate, wann Eiweiß, wann welche Aminosäuren und Vitamine? Auf Wettkampfniveau kann das einmalige Vergessen der Einnahme von „verzweigtkettigen Aminosäuren“ über Sieg oder Niederlage entscheiden! Und vom Gebrauch leistungsfördernder Hormone (auf Spitzenniveau wahrscheinlich unerlässlich) wollen wir gar nicht erst anfangen! Und geben Sie sich keinen Illusionen hin: im Bereich der Weltspitze gibt es niemanden, der nicht „stofft“!

Bodybuilding als Sport ist extrem ungesund und bewirkt einen hohen Verschleiß. Wer diesen Sport auf Leistungsniveau ausüben will, muss auf der einen Seite verrückt sein. Auf der anderen Seite braucht er allerdings auch ein Wissen über Ernährung, Nahrungsergänzung, Regeneration und Training, das jeden Diplom-Ökotrophologen vor Neid erblassen lassen würde!

Mein Fazit

Diese drei Beispiele zeigen, dass Sport keineswegs ein „Ersatz fürs Denken“ ist. Sport fördert die Intelligenz als auch erfordert sie. Sport kann dazu beitragen, dass Sie produktiver und kreativer werden. Dass Sie sich leichter damit tun, mentale Probleme anzupacken und zu lösen. Sie brauchen ein gewisses Wissen für Sport und auf der anderen Seite kann er Ihnen helfen, neue Eigenschaften zu entwickeln wie beispielsweise Koordination des Körpers und Orientierungssinn. Wenn es tatsächlich stimmen sollte, dass sportbegeisterte Menschen weniger intelligent sind, liefert sportliche Aktivität doch einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung von Intelligenz!

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