Psychologische Traumata und ihre Wirkung auf die Gesundheit
Gelegentlich muss auch ein Gesundheitsmagazin für Naturheilkunde solche heißen Eisen anfassen. Viele Behandlungen gesundheitlicher Störungen scheitern daran, dass ein unerkanntes Trauma in der Vorgeschichte vorliegt.
Psychologische Traumata können die Gesundheit langfristig erheblich stören!
Ein psychologisches Trauma ist eine Situation extremen Stresses. Es ist ein Zustand, der das körperliche Stressmanagement an die Grenzen bringt. Eine solche Situation hinterlässt im wahrsten Sinne des Wortes „Eindruck“. Computertomographien des Gehirns haben entsprechende Veränderungen durch Traumata festgestellt und dokumentiert. Psychologen und Psychiater umschreiben das psychologische Trauma als eine „Situation, in der sich der Betroffene absolut hilflos ausgeliefert fühlt - und die eine akute Bedrohung seiner Existenz bzw. seiner Unversehrtheit darstellt“.
Bis in die Sechzigerjahre hinein waren psychologische Traumata „Männersache“: es waren Schlüsselsituationen aus dem Krieg. Während der Sechzigerjahre entwickelte man ein Bewusstsein für psychologische Traumata von Kindern und Frauen, etwa durch Gewalt, Bedrohung oder sexuelle Nötigung. Mittlerweile ist bekannt, dass Grenzsituationen der Psyche auch ohne körperliche Gewalteinwirkung bzw. -Versehrtheit ein Trauma auslösen können.
Die Auswirkungen auf Psyche und Körper des Betroffenen sind sehr vielfältig und unterschiedlich. Ohne eine entsprechende, einfühlsame Behandlung haben Opfer von Traumata unter Umständen ihr Leben lang an den Folgen zu leiden. Dies kann bis hin zu psychischen und sogar körperlichen Krankheiten gehen. Psychologische Traumata können an den folgenden Zuständen beteiligt sein:
- Borderline-Syndrom
- Essstörungen
- Psychosomatisch überlagerte Krankheiten mit organischer Komponente (so genannte funktionelle Krankheiten
- Depressionen
- Alkoholismus
- Drogenmissbrauch
- Schizophrenie
- Sexuelle Störung
- Aggressives Verhalten, Gewalt
- Soziale Isolation, sozialer Rückzug
- Neurosen und Psychosen
Psychologische Traumata und der Verdrängungsmechanismus
Immer wieder werden psychologische Traumata als so überwältigend verstörend empfunden, dass der rationale Verstand sie einfach „ausschaltet“ und aus dem Bewusstsein verdrängt. Erst bestimmte Schlüsselsituationen bringen Fragmente des Traumas wieder an die Oberfläche und können in verstörendem und irrationalem Verhalten resultieren. Die Verhaltensmuster entziehen sich dabei jeglicher Kontrolle des Betroffenen.
Genau das macht psychologische Traumata so heimtückisch: auf der einen Seite ist keine direkte Erinnerung an das Ereignis mehr vorhanden. Auf der anderen Seite beeinflusst es aus dem Unterbewusstsein heraus das ganze Leben des Betroffenen.
Es gibt in der Psychosomatik eine Schule, bei der organische Erkrankungen auf eine vollständige Verdrängung eines verstörende Ereignisses aus dem Bewusstsein zurückgeführt werden. Das bedeutet, dass zum Beispiel chronische Entzündungen ein Hinweis auf ein psychologisches Trauma sein können. Dieses wurde vom Betroffenen vollständig aus dem Verstand verdrängt.
Wenn in der ganzheitlichen Medizin kein positives Resultat bei der Behandlung einer solchen Erkrankung erzielt wird, wird in einem weiteren Schritt nach psychischen Ursachen gefahndet. In der so genannten Alternativen Medizin haben sich verschiedene Verfahren zur Suche nach psychischen Traumata etabliert: Bioenergetik und Bioresonanz, Radionik, REBAS, Kinesiologie und Bachblüten, um nur einige zu nennen. In der wissenschaftlichen Medizin und Psychologie sind diese Verfahren umstritten.
Andererseits sind solche Zustände in der wissenschaftlichen Medizin bzw. Psychologie nur extrem schwer zu behandeln. Einige Therapeuten bedienen sich der Hypnose, um das Trauma wieder ins unmittelbare Bewusstsein einzugliedern. Im Hinblick auf die psychische Gesundheit des Patienten ist dies riskant. Oftmals erlebt der Patient selbst in einem sicheren Umfeld die wieder zum Leben erweckte Schlüsselsituation als ähnlich verstörend wie das eigentliche Ereignis.
Psychologische Traumata und Schlüsselsituationen
Schlüsselsituationen spülen das verstörende Ereignis nicht wieder komplett an die Oberfläche des Bewusstseins. Es sind eher halb bewusste Impulse, die zu ungewohnten bis irrationalen Verhaltensmustern führen. Schlüsselsituationen verändern vorübergehend die Persönlichkeit. So kann ein an sich friedliebender Mensch „aus rasten“. Anscheinend unbegründete Stimmungsschwankungen und emotionale Probleme treten an die Oberfläche. Der rationale Verstand schaltet ab, es kommt zum Black-out. Dies kann sich ganz unterschiedlich äußern.
Ist das psychologische Trauma niemandem bewusst, ist es nahezu unmöglich aus diesen Schlüsselsituationen darauf zu schließen. Es gibt für Laien keinen rationalen Zugang, keine logische Erklärung für die Verhaltensänderung eines Betroffenen in einer Schlüsselsituation. Daher sind unbewusst gewordenen psychologische Traumata kaum zugänglich.
Wann ist an ein unbewusstes psychologisches Trauma zu denken?
Jeder, der täglich mit vielen Menschen zu tun hat, entwickelt eine gewisse Intuition dafür, dass mit der ein- oder anderen Person „etwas nicht stimmt“. Aber erst bei einer engen Beziehung, mindestens eine Freundschaft, steigt man hinter das tatsächliche Problem. Auch nicht psychologisch arbeitende Therapeuten müssen für die Thematik sensibilisiert sein. Das betrifft zum Beispiel den Hausarzt oder noch mehr, den klassischen naturheilkundlich arbeitenden Therapeuten. Naturheilärzte und Heilpraktiker müssen entsprechende Situationen zumindest nach einer Weile durchschauen, auch wenn sie nicht psychologisch tätig sind. In der Naturheilkunde ohne psychologische Hintergrundbildung erkennen wir durch ein psychologisches Trauma belastete Personen wie folgt:
- Therapeutische Ansätze zeigen zu Anfang Erfolg, dieser lässt allerdings bald nach. Daraus entsteht ein Muster, das sich sehr hartnäckig erhält
- Der Patient entwickelt schon nach kürzester Zeit eine ungewöhnlich starke Bindung zu Therapeuten, sucht in ihm bzw. ihr seinen Halt („Sie sind meine letzte Hoffnung“)
- ein Patient nimmt die Therapie entweder verbissen ernst oder legt im Gegenteil eine betont nachlässige Haltung an den Tag. Standard: „ich habe es halt noch einmal versucht!“
- Trotz einer definitiven, organischen Diagnose spricht der Betroffene nicht, kaum oder nur sehr kurzfristig auf medizinische Standardtherapie an, zum Beispiel Entzündungshemmung.
- Der Therapeut kommt an den Patienten nicht ran.
- Der Patient hat schon sehr viele Therapeuten aufgesucht und die Behandlung nach einer oder zwei Sitzungen immer wieder abgebrochen („ich habe nicht das Gefühl, dass das das richtige für mich ist!“)
Die Sensibilität des Betroffenen ist immer mit ins Kalkül zu ziehen
Psychologische Traumata lassen sich im Gründe genommen nicht objektiv bewerten. Ihre Wirkung auf das Bewusstsein des Betroffenen hängt beinahe noch mehr von der Sensibilität als von der Tragweite des Traumas an sich ab. Ich bemühe zur Erklärung solcher Sachverhalte immer den „Berg-Vergleich“:
Stellen Sie sich nacheinander einen 3000 m hohen Berg und einen kleinen Hügel vor. Wenn Sie nur wenige Meter vor dem kleinen Hügel stehen, macht er den Eindruck eines ernst zu nehmenden Hindernisses. Ein hoher Berg kann nicht überblickt werden und wird unüberwindbar. Wenn Sie allerdings einige Kilometer Abstand zu einem kleinen Hügel haben, nehmen sie ihn fast nicht wahr. Den 3000 m hohen Berg können Sie gut überblicken.
Genauso verhält es sich mit der inneren Distanz einer Person zu Ereignissen, die ihn betreffen. Eine hohe Sensibilität bedingt eine geringe innere Distanz, eine robuste Psyche eine große innere Distanz.
Dazu kommt zusätzlich, dass viele Personen heutzutage durch organische Faktoren, durch die moderne Umwelt, Ernährung und durch Krankheiten zusätzlich sensibilisiert werden. Subjektiv übertreibt eine Person daher nicht unbedingt, wenn sie von einem „Ausraster“ ihres Vaters während der Kindheit berichtet. Es kann durchaus sein, dass diese Person das Ereignis als gewaltiges, verstörendes Trauma erlebt.
Die Möglichkeiten, mit denen die Psyche auf den Körper und das Verhalten einwirken kann, sind sehr komplex. Wir können ein psychologisches Trauma keineswegs ausschließlich anhand der objektiven Intensität eines Ereignisses herleiten. Noch viel weniger lässt sich aus alltäglichen Situationen im Umgang mit einer Person auf ein psychologisches Trauma schließen.
Ein Therapeut - auch wenn er nicht psychologisch arbeitet - muss wachsam sein und ein Auge auf die Therapie, ihre Ergebnisse und das Verhalten des Patienten haben, ob möglicherweise ein psychologisches Trauma mit in seine gesundheitlichen Probleme hinein spielt.
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